15.10.15
Salzburger Bahnhof droht Sperrung
Die hohen Flüchtlingszahlen der letzten Tage haben weiter Bestand: Über 850 Frauen, Männer und Kinder haben die letzte Nacht in der Notunterbringung in Freilassing verbracht. Am Nachmittag haben sich noch 450 Flüchtlinge in der ehemaligen Möbelhalle aufgehalten. Sie sind zum Großteil noch am Nachmittag mit Sonderzügen im Bundesgebiet verteilt worden. Ein weiterer Sonderzug soll noch heute Nacht vom Freilassinger Bahnhof abfahren.
Auch auf Salzburger Seite haben sich am Nachmittag wieder zahlreiche Flüchtlinge aufgehalten. Die Rede ist von rund 1.400 Menschen. Aktuell ist der Bahnhof überfüllt. Als letzte Notmaßnahme droht aktuell eine Sperre des Bahnverkehrs aus Sicherheitsgründe.
Rosenheimer Landrat in Berlin:
Die Kommunen brauchen Unterstützung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise – dafür will die CSU-Bundestagsfraktion sorgen. Sie hat Kommunalpolitiker gestern nach Berlin eingeladen. Das hat die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig mitgeteilt. Im „Kommunalforum Asyl und Flüchtlinge“ ist die aktuelle Lage in den Kommunen diskutiert worden.
In den Debatten hat der Schwerpunkt vor allem auf der Begrenzung der Zuwanderung, der finanziellen Unterstützung der Kommunen, sowie auf Unterbringung und besserer Verteilung aller Flüchtlinge im gesamten Bundesgebiet gelegen. Auch der Rosenheimer Landrat Wolfgang Berthaler ist nach Berlin gekommen. Er und die anderen Kommunalpolitiker haben deutlich gemacht, welchen Druck gerade wir als Grenzregion aushalten müssen, so Ludwig.
Vermutlich keine Transitzonen in der Region:
Transitzonen für bis zu 10.000 Flüchtlinge – in der südostbayerischen Grenzregion wird es so etwas vermutlich nicht geben. Das hat der Landrat des Berchtesgadener Landes, Georg Grabner, im Bayernwelle-Interview gesagt.
Das Thema ist am Abend bei einem Treffen mit Ministerpräsident Horst Seehofer angesprochen worden. Die Region ist bereits genügend belastet. Grabner geht deshalb davon aus, dass eine solche Transitzone nicht im Berchtesgadener Land errichtet wird. Derzeit ist auch noch unklar, ob so etwas überhaupt kommen wird.
Die Teilnehmer des Treffens mit Seehofer fordern vor allem den Bund auf, mehr Verantwortung zu übernehmen. Er soll sämtliche seiner Liegenschaften für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen. Ausserdem soll die Zahl der Züge verdoppelt werden, um Flüchtlinge schneller in andere Bundesländer zu bringen.
Kofler gegen Transitzonen:
Davon hält sie gar nichts: Die heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Kofler spricht sich in der Flüchtlingsdiskussion gegen Transitzonen aus. Geflüchtete in Lagern an der Grenze festzuhalten ist zum einen rechtlich fraglich, so Kofler. Zum anderen sieht sie in der Region keine Möglichkeit bis zu 10.000 Flüchtlinge an einem ort unter zu bringen. Dafür gibt es keinerlei Infrastruktur, sagt sie. Die SPD-Politikerin bezweifelt auch, dass dann noch eine menschenwürdige Unterbringung gewährleistet werden kann.
Zeltstädte werden abgebaut:
Es wird kälter – auch in der Flüchtlingskrise muss auf die geänderten äusseren Bedingungen reagiert werden. In Salzburg werden in der kommenden Woche deshalb die beiden Zeltstädte abgebaut. Das hat das österreichische Innenministerium mitgeteilt. In den Zeltstädten in der Stadt Salzburg und in Wals-Siezenheim sind derzeit rund 360 Asylbewerber untergebracht. Sie sollen in winterfeste Quartiere verlegt werden. Gemeint sind damit ein Containerdorf und eine ehemalige Sporthalle.
Kuriose Idee:
Diese Idee ist neu – sie könnte noch für die ein oder andere Diskussion sorgen. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Kraftfahrer-Gewerkschaft, Franz-Xaver Winklhofer aus Anger, fordert anerkannte Asylbewerber verstärkt als Lageristen einzusetzen.
Für den Großteil der Flüchtlinge ist der Gang zum Arbeitsamt unausweichlich, weil sie keine Fachkräfte sind. Für Winklhofer ist es deshalb nur logisch, dass sie in Berufen eingesetzt werden, bei denen keine Fachausbildung notwendig ist. In den Lagern der Handelsketten und Großkonzerne gibt es genug Tätigkeiten, sagt er. Auch das Be- und Entladen der Lieferfahrzeuge wäre eine Beschäftigung, die von Hilfskräften erledigt werden kann, so Winklhofer. Er ist davon überzeugt, dass so jede Menge Arbeitsplätze geschaffen und gleichzeitig die Belastung von LKW-Fahrer verringert werden können.
Kein Aufnahmestopp
Ob das gut oder schlecht ist, wird sicherlich noch diskutiert: Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise wird es erst mal keinen Aufnahmestopp geben. Darauf haben sich Bayerns Ministerpräsident Seehofer und die betroffenen Landräte in den Grenzregionen am Abend geeinigt.
An dem Gespräch haben auch der Landrat des Berchtesgadener Landes, Georg Grabner, und Traunsteins Oberbürgermeister Christian Kegel teilgenommen.
Seehofer hält die Flüchtlingskrise offenbar nicht mehr für beherrschbar. Er fordert den Bund auf, Bundesliegenschaften wie die Kasernen zur Verfügung zu stellen und dort in Eigenregie Flüchtlinge unterzubringen.
Die Teilnehmer des Treffens haben sich darauf geeinigt, sich in den nächsten Wochen mit provisorischen Notmaßnahmen zu behelfen.
Bisher über 100.000 Flüchtlinge
Diese Zahl ist gewaltig: Mehr als 100.000 Flüchtlinge haben Salzburg in den vergangenen acht Wochen Richtung Deutschland passiert. Das hat Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer mitgeteilt. Er spricht in diesem Zusammenhang von der größten, humanitären Hilfsaktion in der jüngsten Vergangenheit.
Der Zustrom von Flüchtlingen über die Grenze bei Freilassing ist nach wie vor ungebrochen hoch: Rund 1.800 Flüchtlinge haben gestern auf den Grenzübertritt gewartet. Zeitgleich haben sich knapp 1.000 Flüchtlinge in der Notunterbringung in Freilassing aufgehalten.